Der Lehrer Michael
1970er und 1980er Jahre
Hallo! Ich bin Michael* und arbeite als Physiklehrer an einem Gymnasium in Sarstedt. 1972 habe ich in Göttingen die Einführungsvorlesung in die Experimentalphysik besucht und war fasziniert von den vielen Versuchen. Bis ich 2015 pensioniert werde, vermittle ich diese Begeisterung meinen Schülerinnen und Schülern. In diesem Ausstellungsteil erzähle ich euch, was ich aus den Vorlesungen für meinen Unterricht mitgenommen habe. Bei meinen Unterrichtsvorbereitungen hilft mir auch das dreibändige Lehrbuch von Robert W. Pohl, das ich seit meiner Studentenzeit besitze. Das erste Buch erschien 1927. Bis zu seinem Tod im Jahre 1976 hat er es immer wieder aktualisiert und neue Versuche eingebaut. Mit seinem Lehrbuch hat Pohl den Lehrstil an Schulen und Universitäten grundlegend verändert, habe ich gehört. Aber dazu später mehr.
*Die Persona Michael basiert auf dem pensionierten Physiklehrer Dr. Michael Barth.
Kapitel
Universalbuch
Aus dem Lehrbuch von Pohl kann ich immer mal wieder Versuche und Ideen sehr gut für die Schule übernehmen. Pohl hat ganze Arbeit geleistet. Sein Buch ist nämlich für Studierende und Lehrkräfte hilfreich. Das hat sicherlich auch den Erfolg ausgemacht und dabei geholfen, einfache, überzeugende Experimente in der Schule zu zeigen. Manche Versuche allerdings benötigen stundenlange Vorbereitung und machen nur in einem großen Hörsaal Sinn. Manchmal erzähle ich dann, wie es bei mir in der Vorlesung war.
Im Rahmen des Forschungsprojekts „Projektionen. Die Lehrsammlung Robert Wichard Pohl“ hat Dr. Michael Markert den Physiklehrer Dr. Michael Barth auf ein Gespräch eingeladen.
“Das war mein Buch zur Experimentalphysik.” “Tatsächlich?” “Ich hab daran gelernt, praktisch diese zwei Jahre, ich hab das auch für die Examensvorbereitung genommen und ich hab immer wieder nachgeguckt da drin, weil das wird auf einem Niveau erklärt – so habe ich das empfunden – das man für die Schule gut benutzen kann …“
“Jedenfalls hat der Dozent, das müsste dann Gründig gewesen sein, da vorne an der Tafel erklärt, wie ein Boomerang fliegt. Das ist ziemlich kompliziert mit Drehmomenten, mit Drehimpulserhaltungssatz und Tragfläche und Anstellwinkel und Bernoullischem Unterdruck. Hat er das Ding richtig auseinander genommen, also wie das geht, warum der wieder zurück kommt und sowas. Und dann wieder die Sache, er fasst unter’s Pult und holt so einen Boomerang raus, richtig nen riesigen Boomerang. Nimmt den in die Hand und sagt: ‚Ich zeig Ihnen das nochmal, so und dann hat er den hingehalten, so sehen Sie da ist der Vektor und dann muss man den so halten und wenn man den wirft, dann dreht der sich, wie wir es eben gesagt haben.‘ Und dann weiß ich noch, wie er sagte: ‚Die Kommilitonen unter den Deckenleuchten passen jetzt bitte etwas auf.‘ Und dann warf er diesen riesigen Boomerang in den Hörsaal rein, der beschrieb ne Kurve über dem Publikum, kam zurück und hat der den wieder aufgefangen. Das hab ich noch nicht gesehen.‘
“Ich hab im Unterricht immer mal wieder meinen Schülern von den Experimenten berichtet, also von dem Trafo und dem Boomerang oder diesem Versuch, wo ich gesagt habe: Die hab ich gesehen und hab dann auch durchaus meine Begeisterung für diese schönen Versuche rübergebracht, damit meine Schüler wissen, wie schön das ist, Physik zu studieren.”
„Natürlich ist das ein Zirkus, aber ein Zirkus, der eine Funktion hat.”
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Internationale Bekanntheit
Pohls Lehrbuch galt über viele Jahrzehnte international als Klassiker der Experimentalphysik-Lehrbücher. Schon kurz nach Erscheinen wurde es auch in englischsprachigen Fachzeitschriften besprochen. Bald gab es Übersetzungen in verschiedene Sprachen, darunter Englisch, Italienisch, Russisch und auch Marathi, eine weit verbreitete Sprache in Indien. Während das Lehrbuch in vielen Teilen der Welt Anklang fand, so waren die typischen Schattenprojektionen der Versuche vor allem an deutschen Universitäten zu sehen.
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Neu aufgelegt
Pohl arbeitete bis zu seinem Tod 1976 an neuen, oft stark überarbeiteten Neuauflagen seines Lehrbuchs. Doch auch danach wurden neue Auflagen herausgegeben, nun von Pohls Sohn Robert Otto, ebenfalls ein Professor für Experimentalphysik. Gemeinsam mit anderen Fachleuten produzierte Robert Otto Pohl mehr als 60 Kurzfilme der wichtigsten Experimente aus den Vorlesungen und Büchern seines Vaters. Diese liegen den neuen Lehrbüchern bei und können im Multimedia-Portal der Technischen Informationsbibliothek Hannover angeschaut werden.
In diesem Video zeigt Prof. Dr. Klaus Lüders die Erhaltung des Drehimpulses. Prof. Dr. Robert Otto Pohl assistiert ihm dabei. (Lüders, Klaus; Pohl, Robert Otto; Beuermann, Gustav; Samwer, Konrad: Drehstuhlexperimente zur Erhaltung des Drehimpulses. Physikalische Experimente nach Robert Wichard Pohl (1884 – 1976), IWF (Göttingen), 2003. https://doi.org/10.3203/IWF/C-14826.)